Das Projekt RaVis-3D wurde im Juni 2019 erfolgreich beendet. Folgende Pressemitteilung informiert über die Projektergebnisse:
Blinden durch Technik die Orientierung erleichtern
Unternehmen und Forscher der RUB entwickeln neuartige Systeme
Blinde Menschen nutzen heute zur Orientierung nicht mehr nur Blindenstock oder Blindenhund, sondern auch modernste technische Lösungen. Ein Forschungsprojekt hat in den vergangenen drei Jahren mit Unterstützung des Landes NRW und der Europäischen Union nach neuen Lösungen in diesem Bereich gesucht. Und das mit Erfolg: Im gerade beendeten Projekt „RaVis-3D“ wurden radarbasierte Lösungen entwickelt und getestet, welche die Umgebung des Nutzenden erfasst und diese in Audiosignale übersetzt, welche durch halboffene Hörgeräte ausgegeben werden.
Die Forschenden der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sowie mehrerer Industriepartner machten sich zunächst daran, das technisch Machbare zu entwickeln. So wurden unterschiedliche Radarsysteme gebaut, welche von rotierenden 360° Sensoren über spezielle Antennen, welche das Gesichtsfeld des Nutzenden erfassen, bis hin zu gerichteten Sensoren, welche die Entfernung eines Fokuspunkts messen, reichten. Auch bezüglich der Audioausgabe der Umgebung wurde tief in die Trickkiste der Forschung gegriffen: Beispielsweise analysierte das System die Geräuschumgebung und blendete dann die Hindernisse aus, welche selbst Töne von sich geben. „Akustisch Aktive Hindernisse wie z.B. ein sprechender Mensch, sollten vom System nicht als Hindernis begriffen werden, da der Nutzer diese ja ohnehin schon wahrnimmt“, erläutert Prof. Rainer Martin von der RUB. Durch Vermessungen des individuellen Hörvermögens von Nutzenden wurde die räumliche Ortung von Quellen weiter verbessert. „Damit wollten wir erreichen, dass sich die Vertonung von realen Hindernissen bzw. Navigationshinweisen möglichst akkurat in die natürliche akustische Wahrnehmung der Nutzer eingliedert“, so Prof. Gerald Enzner.
„Wir haben für das Projekt unterschiedliche Sensoren und Systeme entwickelt und gemeinsam mit Betroffenen getestet“, fasst der ebenfalls beteiligte Prof. Nils Pohl zusammen. Das Erstaunliche sei, „dass es vor allem die einfachen, intuitiven Systeme waren, die das positivste Nutzer-Feedback ergaben.“
Das wiederum interessierte die am Projekt beteiligten Firmen Kampmann Hörsysteme und SNAP besonders. Ihre Aufgabe war das Testen der Systeme mit Betroffenen sowie die Integration von Hörgeräten zur Audioausgabe. Hierbei hat sich vor allem ein System positiv hervorgetan, erläutert Dr. Corinna Weber von der SNAP: „Wir haben ein relativ einfaches Sensorsystem getestet, das man wie eine Taschenlampe in eine Richtung halten kann, um dann die Entfernung zum nächsten Hindernis als Ton ausgegeben zu bekommen. In Verbindung mit der Audioausgabe über Hörgeräte ergibt sich damit ein intuitiv zu bedienender ‚virtueller Blindenstock‘, der in größerer Reichweite funktioniert und von Betroffenen sehr positiv aufgenommen wurde“.
Leiter des Konsortiums Dirk Kampmann von der Kampmann Hörsysteme, ist sich sicher, dass hier großes Vermarktungspotenzial vorliegt: „Ein solches System ist bisher am Markt noch nicht vorhanden. Wir müssen nun daran arbeiten, dass die Komponenten kleiner und günstiger werden, und dass das System sich in weitere IT-basierte Blindenhilfsmittel z.B. auf dem Smartphone gut eingliedert. Wenn das gelingt, können wir den Markt an Blindenhilfsmittel in den kommenden Jahren bereichern.“
Das Projekt wurde gefördert durch die Europäischen Union (Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE)) und das Land Nordrhein-Westfalen.